
"Elbwärts" im Jenisch Haus
Neue Gemälde der drei Norddeutschen Realisten Tobias Duwe, Lars Möller, Till Warwas
Sommergäste in den Alsterarkaden, der Anleger Alte Rabenstraße, Övelgönne bei Ebbe –
„Elbwärts“, die Ausstellung im Jenisch Haus, bietet jede Menge Hamburgensien -– und einen spannenden Vergleich unterschiedlicher Malweisen.
Seit Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn schwimmen die Maler Tobias Duwe (62), Lars Möller (55)
und Till Warwas (61) gegen den Strom. Als sie Anfang der 1980er Jahre studierten, war in der Kunst-
welt alles Mögliche angesagt, nur keine realistische Malerei. Wer nach der Natur im Freien malte,
womöglich noch so, dass man das Motiv erkannte, war ein krasser Außenseiter. Bis heute ist die „Pleinairmalerei“ eher eine
Nischensparte in der Bildenden Kunst, doch ausgegrenzt ist die Gruppe der Norddeutschen Realisten schon lange nicht mehr.
Das belegen zahlreiche Ausstellungen und eine ständig wachsende Fangemeinde.
Die Norddeutschen Realisten verdanken ihre Gründung der Initiative von Nikolaus Störtenbecker (1940 – 2022), dem einstigen
Mitbegründer der Künstler-Gruppe „Zebra“. Ab 1989 führte Störtenbecker regelmäßig thematische Pleinairs mit Gleichgesinnten
durch, um das Malen im Freien neu zu erkunden und zu kultivieren. 1995 schloss sich der Kreis zu den Norddeutschen Realisten
zusammen.
Heute gehören 15 Künstlerinnen und Künstler dazu, die sich alljährlich zu einem Symposium treffen – zum gemeinsamen Arbeiten
unter freiem Himmel, zur gegenseitigen Stärkung und Inspiration. Letztere ist in der „Elbwärts“-Ausstellung ganz besonders zu
spüren. Duwe, Möller und Warwas haben gemeinsam auf diese Ausstellung hingearbeitet, der Großteil der rund 100, zum Teil
großformatigen Gemälde ist eigens für diese Schau entstanden. Motive, die vor Augen führen, wie abwechslungsreich Hamburg ist:
Die Idylle rund um die Außenalster, der Blick auf das Rathaus, auf die Speicherstadt, auf den Jenisch Park und das Jenisch Haus.
Und immer wieder die Elbe - der Fluss vom Stintfang aus gesehen, der Strand bei Övelgönne oder der Blick von der Haseldorfer
Marsch auf den großen Strom.
Die begrenzte Zahl der Motive rückt den stilistischen Vergleich der drei unterschiedlichen Temperamente umso stärker in den Fokus:
Tobias Duwe ist der Impressionist unter den Malerfreunden. Seine Stadtlandschaften sind mit schnellem, pastosem Strich auf die
Leinwand gesetzt, die Pinselspuren sind immer sichtbar und lösen sich, en Detail betrachtet, zu einer Ansammlung informeller
Farbkleckse auf. Till Warwas hingegen arbeitet eher altmeisterlich, seine Bilder wirken mitunter fast fotorealistisch. Bemerkenswert,
mit welcher Liebe zum Detail er das „Alsterpanorama“ oder den „Elbstrand, Sommer“ eingefangen hat. Lars Möller wiederum bevorzugt Abendstimmungen und eine gewisse Unschärfe. Der gedämpfte, graubraun-violette Grundton vieler seiner Gemälde verleiht ihnen eine
fast schon cineastische Dramatik. Darüber hinaus ist er ein Meister dynamischer Wolkenformationen und spannungsgeladener Licht-
kompositionen („Die Elbe bei Hanskalbsand“, „Speicher“).
Doch egal, ob klar und kontrastreich oder eher ruhig und in gedeckter Farbigkeit – die beeindruckende Wirkung von unmittelbarer
Beobachtung haftet fast allen Gemälden dieser Ausstellung an. Ein Muss für alle Lokalpatrioten!
Isabelle Hofmann
„Elbwärts“, Gemälde von Tobias Duwe, Lars Möller, Till Warwas, bis 12.Februar 2024, Jenisch Haus, Baron-Voght-Str. 50, 22609 Hamburg,
Mi – Mo 11 – 18 Uhr, Di geschlossen.
Weitere Informationen auf www.shmh.de.