Hans-Werner Meyer, Jacqueline Macaulay © Anatol Kotte
Hans-Werner Meyer, Jacqueline Macaulay © Anatol Kotte

Macbeth

Shakespeares mörderisches Königsdrama als Psychogramm eines Killerpärchens:
Sewan Latchinian inszeniert John von Düffels Zwei-Personen-Stück in den Kammer-
spielen mit dem Künstlerehepaar Jacqueline Macaulay und Hans-Werner Meyer.

 

Eigentlich hätte es gar nicht so weit kommen müssen, wären da nicht die drei Hexen gewesen.
Die nämlich prophezeien dem siegreich aus einem Kampf heimkehrenden Feldherrn Macbeth,
dass er König von Schottland wird. „Mit dieser Vorhersage werden alle negativen Eigenschaften
von Macbeth und seiner Lady getriggert – ihre Eitelkeiten, ihre Machtgier, ihr Größenwahn“,
erklärt Sewan Latchinian. Die beiden beschließen, den aktuell herrschenden König Duncan
während seines Besuchs in ihrer Burg umzubringen. „Die Dynamik, die durch diesen Mord
entsteht, führt dazu, dass sie weiter morden müssen, um ihre Täterschaft zu vertuschen. Das
ist weitaus aufregender als jeder ‚Tatort’ im Fernsehen“, meint der Regisseur.

 

Als er 2019 künstlerischer Leiter der Kammerspiele wurde, hatte Latchinian sich vorgenommen,
mindestens einen Klassiker im Kammerspielformat pro Saison auf den Spielplan zu setzen.
Das gelang mit „Stella“, „Hedda Gabler“ und „Fräulein Julie“ in den vergangenen Spielzeiten.
„Macbeth“ hingegen schien zunächst kaum dafür geeignet. „Es ist eines der personen- und
spielortreichsten Dramen Shakespeares. Aber der wunderbare Autor John von Düffel hat
daraus eine dichte, psychologische Zwei-Personen-Variante destilliert.“

 

Das Original mit all seinen Schlachten und Morden hätte er nicht inszenieren wollen. „Mir ist
es lieber, wenn das in den Hirnen der Zuschauer stattfindet, besonders, da wir wieder in so
kriegerischen Zeiten leben“, sagt der Regisseur. Licht und Schatten und Musik sollen bei ihm
die blutrünstige Handlung andeuten, die im Übrigen indirekt durch die Gespräche und Erzähl-
ungen der Ehepartner erklärt wird.

 

Als Meisterwerk bezeichnet Latchinian das Stück. „Es ist keine neumodische Überschreibung
der Klassiker, die mehr oder weniger verschlimmbessert werden durch vorlaute Regisseure.“
Der Autor und Dramaturg von Düffel, der für seine klugen Klassiker-Bearbeitungen bekannt ist,
sei ganz nah an Shakespeare herangekommen. „Seine Sprachgewalt ist eine wunderbare
Gegenkraft zur Gewalt im Stück. Das ist mit ein Grund, weshalb wir dieses Stück auf unsere
‚Bühne der Menschlichkeit’ bringen. Diese Losung hat einst Ida Ehre, Gründerin der Kammer-
spiele, ausgegeben.“

 

Shakespeares Drama ist mehr als 400 Jahre alt, die Methoden im Stück jedoch sind hochaktuell,
wobei Lady Macbeth selbst keinen Mord begeht – außer dem eigenen Selbstmord –, sondern
stets ihren Mann vorschickt. „Fake News, Intrigen, zynisches Machtkalkül und gewissenlose
Gewaltbereitschaft erinnern einen unweigerlich an heutige Populisten, Führer und Diktatoren.
Da schließt sich zwischen einer Liebesgeschichte, dem Psychogramm eines Killerpärchens
und der politischen Aktualität ein Kreis“, meint Latchinian.

 

In seiner Inszenierung gibt es Abendkleid und Smoking von heute, aber auch Krone, Schwert
und Dolch. Besonders die Aktualität von Verbrechen mit Stichwaffen entsetzt den Regisseur.
Erst im September wurde nach dem Terroranschlag mit den tödlichen Messerangriffen von
Solingen das große Grindelfest unter dem Motto „Kultur. Jüdisch. Bunt“ in Hamburg aus
Sicherheitsgründen abgesagt. Als Künstlerischer Leiter der Kammerspiele, der es als eine
seiner wichtigsten Aufgaben betrachtet, jüdische Tradition über die Bühne hinaus mit kultur-
ellem Leben zu erfüllen, hatte er das Kulturprogramm des Festes geplant.

 

Als Darsteller für Macbeth und Lady Macbeth konnten der von vielen Fernsehrollen bekann-
te Hans-Werner Meyer und die schottische Schauspielerin Jacqueline Macaulay gewonnen
werden. Beide sind auch im „echten“ Leben ein Ehepaar. Für sie ist das Zusammenspiel
etwas ganz Besonderes, berichten sie im Monatsheft der Kammerspiele: „Anfangs ist es
ein Schock, den Menschen, mit dem man den Alltag teilt, plötzlich als Lady Macbeth oder
Macbeth wahrzunehmen“. Dann aber ziehen sie bei möglichen Konflikten, die sich daraus
ergeben könnten, das persönliche Fazit: „So schlimm wie bei den Macbeths wird es bei uns
schon nicht kommen.“

 

Brigitte Ehrich

 

Karten für die Aufführung finden Sie im Ticketshop

Verwendung von Cookies

Zur Bereitstellung des Internetangebots verwenden wir Cookies. Bitte legen Sie fest, welche Cookies Sie zulassen möchten.

Diese Cookies sind für das Ausführen der spezifischen Funktionen der Webseite notwendig und können nicht abgewählt werden. Diese Cookies dienen nicht zum Tracking.

Funktionale Cookies dienen dazu, Ihnen externe Inhalte anzuzeigen.

Diese Cookies helfen uns zu verstehen wie unsere Webseite genutzt wird. Dadurch können wir unsere Leistung für Sie verbessern. Zudem werden externe Anwendungen (z.B. Google Maps) mit Ihrem Standort zur einfachen Navigation beliefert.