Uraufführung: „Ut quid, Domine“ von Fredrik Schwenk
Der Professor an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater und Vorstandsvorsitzende von inkultur
über seine Beziehung zu C.P.E. Bach und die Entstehung seines neuen Werkes
Denkt man heute an Bach, so ist meist Johann Sebastian Bach gemeint, den Debussy gar den lieben Gott der Musik
nannte. Wenige wissen, dass zumindest zwei seiner Söhne zu ihren Lebzeiten weit berühmter waren als ihr Vater.
Über den zweitgeborenen Carl Philipp Emanuel Bach schrieb der Musikhistoriker Charles Burney: Er ist der größte
Komponist, der jemals gelebt hat. Auch Haydn und Beethoven verehrten den 1714 in Weimar geborenen Vertreter
des empfindsamen Stils als erstes Genie der Musikgeschichte. Im Alter von 54 Jahren beerbte Bach seinen Paten-
onkel Telemann als Musikdirektor der fünf Hauptkirchen Hamburgs und freundete sich mit den Dichterfürsten Lessing,
Klopstock und Matthias Claudius an.
Vor meiner eigenen Hamburger Zeit habe ich mich mit seiner oft nur Kennern vorbehaltenen Musik beschäftigt und
1992 ein Werk mit dem Titel: „Versuch über die wahre Art, C.P.E. Bach nachzuempfinden“ herausgegeben; eine
Anspielung auf Bachs theoretisch-praktisches Lehrwerk „Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spielen“ (1753).
Mein flammendes Plädoyer für Bach im Zuge eines Gesprächs mit Mitgliedern des Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chores
und seines Chefdirigenten Hansjörg Albrecht führte eher zufällig zu der Projektidee, den für das Jubiläumskonzert
geplanten Vokalstücken ein neues Werk gegenüberzustellen. Und so entstand der Gedanke, den experimentellen Anfang
von Bachs Oratorium „Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu“ (1774) als thematisches Material für eine Vertonung des
10. Psalms zu verwenden.
Die Orchesterbesetzung beider Werke ist identisch, einzelne historische Satztechniken wurden wiederaufgegriffen.
Bachs aufklärerische Idee, aus dem Dunkel der Verzweiflung über den Tod Jesu durch Auferstehung und Himmelfahrt
ins Licht zu gelangen, erfährt in meinem Werk eine genaue Umkehrung. Dem gleißenden Lichtstrahl zu Beginn folgt
der titelgebende Ausruf „Ut quid, Domine“ („Wofür, Herr?“) und schon rufen die Solostimmen Gott an, er solle das Böse
in der Welt zerschmettern. Der Aufruf bleibt vergeblich, Gott scheint – so das ewige Theodizeeproblem – die Welt sich
selbst zu überlassen. Am Ende haucht der Chor ein letztes „Domine“, und nahtlos beginnt C.P.E. Bachs für seine Zeit
völlig neuartiges Oratorium und führt den großen Bogen weiter bis zum triumphalen Lichtchor: „Gott fähret auf mit
Jauchzen“.
Fredrik Schwenk
JUBILÄUMSKONZERT des CPE-Bach-Chores
Elbphilharmonie, Großer Saal, Dienstag, 25.04. um 20 Uhr
Karten für Wahl-Abo (Zuzahlung € 12,00) und Kaufkarten zu € 32,00.
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