Hochzeit in Ghana, 2021 © Focus & Blur
Hochzeit in Ghana, 2021 © Focus & Blur

"Ja, ich will!"

Die Kunst der Hochzeitsfotografie

 

Das Jenisch Haus gehört zu den beliebtesten Locations für Hamburger Brautpaare. Wer wünschte
sich nicht, in einem schneeweißen, klassizistischen Prachtbau mit Blick auf die Elbe zu sagen:
„Ja, ich will!“. Wie unterschiedlich der „schönste Tag des Lebens“ gefeiert wird, zeigt vor Ort nun
eine Fotoausstellung.


Wer meint, Hochzeitsfotos seien langweilig, der sollte unbedingt diese Ausstellung sehen. Es gibt
kaum ein gesellschaftliches Ritual, das international so unterschiedlich gefeiert wird - und das
mitunter zu solch lustigen, grotesk anmutenden oder erotisch aufgeladenen Aufnahmen führt, wie
sie der niederländisch-kanadische Fotograf und Kurator Paolo Woods zusammengestellt hat. Sein
Freund und Co-Kurator, der langjährige GEO-Foto-Chef Lars Lindemann, betont, dass diese Schau
nicht zuletzt „eine Lanze für das Genre“ brechen soll, das in der Welt der Fotografie oftmals als
künstlerisch minderwertig belächelt wird.


Zum Auftakt fallen die anzüglichen Aufnahmen von Juan de la Cruz Megías Mondéjar ins Auge, einem
spanischen Fotografen, der sich zwischen 1979 und 1999 auf Hochzeiten in der Region Murcia speziali-
sierte und daraus ein Buch machte. Die Braut schaut schelmisch in die Kamera, während sie einen
Teller zum Mund führt, auf dem eine aufgerichtete Banane zwischen zwei Kartoffeln liegt. Ein anderes
Foto zeigt einen tief über den Tisch gebeugten Bräutigam, der an einem aufgeschnittenen Brötchen leckt.
„Die Fotos wurden im verborgenen, tiefen Inneren Spaniens aufgenommen“, so der Autor. Dennoch sind
die erotischen Anspielungen erstaunlich freizügig, wenn man bedenkt, wie erzkonservativ und tiefreligiös
das Spanien der 1980er Jahre noch war.


Von Spanien aus geht es nach Ghana zu den Instagram-Stars Enoch Boateng und seinem Bruder Maxwell
Aggrey, deren Kundschaft aus der Oberschicht stammt und ihren Reichtum gern zur Schau stellt. Die groß-
formatigen Bilder im nächsten Raum toppen diesen Luxus allerdings noch. Die junge Berufsfotografin Manal
Alhumeed aus Riad inszeniert saudische Bräute als Prinzessinnen aus „Tausend und eine Nacht“, umweht
von meterlangen, schwebenden Schleiern. Da die Frauen in dem arabischen Königreich ihre Gesichter nicht
zeigen dürfen, verwischt Alhumeed ihr Antlitz mit großen goldenen Pinselstrichen - eine künstlerische Inter-
vention, die neben den Schleiern zu ihrem Markenzeichen wurde.


Eine Institution in Süditalien war Oreste Pipolo, dessen Fotostudio heute von seinen Töchtern geführt wird.
Herrlich die liegende Braut im wallenden Rüschenkleid, hingegossen auf einem Kaminsims, oder die Braut
neben einer ganzen (Kostüm-)Kohorte „Römischer Legionäre“, ganz zu schweigen von dem Brautpaar vor
Palazzo, Lamborghini und fliegenden weißen Täubchen. Mehr neapolitanischer Kitsch geht kaum. Sehr viel
schlichter, aber nicht minder skurril sind die Hochzeitsbräuche in China. Bei der Feier rauchen alle Gäste,
inklusive Babys, so viele Zigaretten wie möglich, das soll Glück bringen. Dokumentiert ist der Brauch in un-
zähligen Schnappschüssen, die zwischen 1985 und 2005 in China entstanden. Der französische Künstler
Thomas Sauvin hat daraus ein Archiv gefundener Fotos aufgebaut, woraus nun eine Auswahl zu sehen ist.

 

So geht es rund um die Welt. Zu Lindsay Ladd in Philadelphia (USA), die sich auf queere und homosexuelle
Hochzeiten spezialisiert hat (hinreißend die Rückenansicht eines Männer-Paares, die sich gegenseitig den
Po tätscheln), und weiter nach Indien, wo Sam & Elektra den dortigen Hochzeits-Marathon in echtem Bolly-
wood-Stil dokumentieren.


Alles wunderschöne, hochkünstlerische Fotografien, die ein für alle Mal mit dem Vorurteil aufräumen,
Hochzeitsfotografie sei nicht anspruchsvoll.

 

Isabelle Hofmann

 

„Ja, ich will! Die Kunst der Hochzeitsfotografie“, bis 24. Februar 2025, Jenisch Haus, Baron-Voght-Str. 50, 22609 Hamburg,
Mi – Mo 11 – 18 Uhr, Di geschlossen. Weitere Informationen auf www.shmh.de/jenisch-haus/

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