Regisseurin Yael Ronen © Esra Rothoff
Regisseurin Yael Ronen © Esra Rothoff

Zeitreise im Thalia Theater

Die israelische Regisseurin Yael Ronen inszeniert mit „State of Affairs“ ein neues Stück
über die Rettung der Welt und die Macht des Theaters.

 

State of Affairs“ – das bedeutet soviel wie „die aktuelle Sachlage“ in der Politik und anderswo.
Bei Yael Ronen ist es außerdem der Titel eines fiktiven Buches, das die Welt verändern und
an den Abgrund führen wird. Um das zu verhindern, beschließen die in der Zukunft lebenden
Menschen, eine Abordnung zurück in die Gegenwart zu schicken, um dem Inhalt des Buches
eine andere Wende zu geben. Am Thalia Theater wird gerade ein Stück nach diesem Buch
geprobt. Dort soll nun ein Zeitreisender in den Ablauf eingreifen. Doch Missverständnisse
und Verstrickungen machen das Unternehmen kompliziert – vor allem aber komisch. Denn
Yael Ronen gelingt es in ihren Stücken immer wieder, auch ernsten Themen noch satirisch
komische Seiten abzugewinnen.

 

Die Regisseurin und Autorin stammt aus einer reinen Theater-Familie: Die Mutter ist Schau-
spielerin, der Vater Intendant des israelischen Nationaltheaters Habimah in Tel Aviv. Ihre
Arbeiten, die oft einen humoristisch provokativen Blick auf historische und gegenwärtige
Konflikte werfen, wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet. Im Thalia Theater stellte sie
sich 2020 bereits mit dem Stück „(R)Evolution“ vor. „Bei mir dreht sich immer alles um drei
Themen“, sagt sie. „Erstens die Frage, was es bedeutet, als Frau in dieser Gesellschaft zu
leben, zweitens, was es bedeutet, Israeli zu sein und sich mit der Politik dieses Landes aus-
einandersetzen zu müssen, und drittens die Frage nach der Macht des Theaters.“

 

Und um die Macht des Theaters, um die Rolle des Künstlers in dieser Zeit, in der Krisen und
Kriege kaum ausgeklammert werden können, geht es in ihrem neuen Stück, das im Thalia
Theater uraufgeführt wird. Kann und muss der Künstler Stellung beziehen, sollte er Einfluss
nehmen? Dabei werden persönliche Erfahrungen, Emotionen oder auch ganz banale Erlebnis-
se der Schauspieler verknüpft mit der Handlung des Stückes, die sich allerdings erst während
der Proben entwickelt.

 

Denn das ist das Besondere an der Arbeitsweise von Yael Ronen. „Sie kommt an mit so gut
wie nichts außer einer Aufgabenstellung für die Schauspieler, mit denen sie zunächst in ganz
kleinem Kreis zusammentrifft“, erzählt die Thalia-Dramaturgin Christina Bellingen. Ein Textbuch
gibt es am Anfang noch nicht. Allmählich kristallisiert sich dann eine Geschichte heraus, die
sich aber im Laufe der Proben noch ständig verändern kann. „Anhand von Stichworten und
Biografien, die sie in der ersten Probenphase mit dem Ensemble sammelt, schreibt sie ein
Stück, das nur noch entfernt mit dem gesammelten Material zu tun hat“, erklärt die Dramatur-
gin. Gern setzt Ronen dabei auf Kuriositäten und benutzt die gesammelten Stichworte für
kleine Gags in völlig anderen Zusammenhängen. So wird beispielsweise das Zahnproblem
eines Schauspielers zum Titel vom ersten Buch des fiktiven Autors im Stück: „Weisheitszahn“.

 

„Die Schauspielerinnen und Schauspieler lieben Yael Ronen, weil sie frei, entspannt und
humorvoll ist. Ihr Blick auf die Proben und auf die Welt ist immer liebevoll und versöhnlich“,
meint Christina Bellingen. Die Schauspieler selbst dürfen sich aussuchen, wie sie ihre Rollen
charakterlich gestalten wollen - empathisch, ambitioniert, neidisch oder schüchtern. Das Gan-
ze ist ein Spiel im Spiel, sie spielen sowohl sich selbst als Schauspieler als auch die Rollen des
Stückes „State of Affairs“, den Zeitreisenden etwa oder eine Verlegerin und den Schriftsteller.

 

Auch die Regisseurin selbst lässt sich bei den Proben immer wieder vom Spiel mitreißen. „Sie
ist eine der humorvollsten und verspieltesten Menschen, die ich je kennengelernt habe“, sagt
Christina Bellingen. „Sie sitzt keine 30 Sekunden im Zuschauerraum, dann springt sie wieder
auf die Bühne und zeigt, wie etwas gespielt werden kann, lässt nachspielen und verändert es
dann wieder. Sie ist voller Ideen und Einfälle, die meistens in eine sehr komische Richtung
gehen.“ Das macht nicht nur den Akteuren Lust am Spiel, sondern sorgt auch beim Publikum
für Spaß beim Zuschauen.

 

Brigitte Ehrich

 

Karten für das Thalia Theater finden Sie im Ticketshop

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