Kirgisische Jurte Ak Örgöö © MARKK-Paul Schimweg
Kirgisische Jurte Ak Örgöö © MARKK-Paul Schimweg

Auf den Spuren der Nomaden

Nomadische Lebensformen gestern und heute: „Jurte jetzt!“

 

Es ist wohl das größte Objekt, dass jemals in das Museum am Rothenbaum gelangte: Ak Örgöö, die imposante Jurte der kirgisischen Textilmeisterin Turdu Kydyrbaeva steht im Zentrum der Ausstellung
„Jurte jetzt! Nomadisches Design neu gelebt“.

 

Ak Örgöö bedeutet „großes weißes Haus“ und das ist es auch. Ein wunderschönes, riesiges Rundzelt, acht Meter im Durchmesser und über vier Meter hoch, entworfen von Turdu Kydyrbaeva Ende der
1970er Jahre. Jedes Frühjahr hatte die in ihrem Land weithin bekannte Textilmeisterin die aus 100 Dachstangen, etlichen
Filzmatten und Webbändern bestehende Jurte mit Hilfe ihrer Familie aufgebaut, überarbeitet und verbessert. In Zentralasien
sind Jurten integraler Bestandteil der nomadischen Lebensform, doch dieses prachtvolle Stück war selbst in Kirgisistan
etwas ganz Besonderes, wurde auf Festivals gezeigt und war 1985 sogar Teil eines Filmsets.

 

Die Tatsache, dass diese Jurte den Weg nach Hamburg fand, ist vor allem Aizada Novak Akbekova zu verdanken, der Enkelin
von Turdu Kydyrbaeva. Der in Deutschland lebenden Kirgisin war klar, dass das Wissen um die mobile Wohnform verlorenzu-
gehen droht. Nicht ohne Grund hatte die UNESCO die Jurten-Herstellung in Zentralasien 2014 auf die Liste des immateriellen
Kulturerbes aufgenommen. Also initiierte sie eine umfassende Foto- und Video-Dokumentation aller Arbeitsschritte und Materia-
lien, die man zur Herstellung der Jurte braucht und machte sich auf die Suche nach einem Museum. „Das war gar nicht so
einfach“, erzählt Aizada Novak Akbekova, „die konservatorischen Anforderungen bei solchen Großobjekten sind enorm, davor
schreckten viele Museen zurück“. Umso dankbarer war sie, als das MARKK die Zusage gab, das Meisterwerk aufzunehmen.
2017 erfolgte die feierliche Übergabe, die auch ihre Großmutter noch erleben konnte, bevor sie 2018 hochbetagt starb.

 

Jana Caroline Reimer, Kuratorin für Nordafrika, West- und Zentralasien, nahm die Schenkung nun zum Anlass, Wohnraum
und Mobilität aus transkultureller Perspektive zu beleuchten. Beides gesellschaftspolitische Themen, die nicht nur in Westeuropa
hochaktuell sind. In Kirgisistan, Kasachstan und der Mongolei verdrängen wirtschaftliche und politische Umbrüche immer stärker
die nomadische Lebensform, wie eine ganze Reihe historischer und aktueller Fotografien der interessanten Schau belegen.
Anhand der Jurte von Turdu Kydyrbaeva sowie einer zweiten, rudimentär erhaltenen Jurte aus Kasachstan, die das damalige
Museum für Völkerkunde bereits 1906 erwarb, befasst sich die Ausstellung unter anderem mit der Zukunft der Jurtenarchitektur.
So hat die Forschungsgemeinschaft „Ural Urban Framework“ mit Sitz in Hongkong Wohnmodule entwickelt, die traditionelle
Lebensweise und wachsende Bedürfnisse nach städtischer Infrastruktur in der mongolischen Metropole Ulaanbaatar zu ver-
binden suchen. Die Installation „Unity! The more feet enter your home, the more blessing they bring“ der in Kirgisistan lebenden
Multimediakünstlerin Altynai Osmoeva schließlich symbolisiert ein immaterielles Kulturerbe Zentralasiens, das gar nicht hoch
genug zu schätzen ist: Die Gastfreundschaft.

 

Isabelle Hofmann

 

Jurte jetzt! Nomadisches Design neu gelebt“, bis 3. November 2024,
Museum am Rothenbaum,
Rothenbaumchaussee 64, 20148 Hamburg, Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr.
Weitere
Informationen auf www.markk-hamburg.de.

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