Wi sünd de Ne'en - Wohngemeinschaften
Im Ohnsorg Theater bringt Nora Schumacher Ralf Westhoffs
Filmkomödie über einen ungewöhnlichen Generationskonflikt
auf die Bühne. Eine Erstaufführung auf Platt- und Hochdeutsch.
Es sollte ein fröhlicher Neuanfang werden: Anne, Johannes und Eddi lebten vor
Jahren zu Uni-Zeiten in einer WG zusammen. Nun, im fortgeschrittenen Alter, wollen
sie esnoch einmal wagen. Doch als sie in ihre neue gemeinsame Wohnung eingezogen sind, bekommen sie es gleich mit den Mietern über ihnen zu tun, drei Studierende der jüngeren Generation. Die stehen vor wichtigen Prüfungen, beschweren sich über Lärmbelästigungen, bestehen auf korrekter Einhaltung der Hausordnung und erklären kategorisch, Unterstützung dürften die Alten von ihnen ohnehin nicht erwarten.
„Das ist ein Generationskonflikt eher ungewöhnlicher Art“, erklärt Regisseurin Nora Schumacher. Und der geht sogar noch weiter. „Die Studenten verlieren langsam die Orientierung und werden immer hilfsbedürftiger. Das ist die Veranlassung für die Älteren, den Jüngeren unter die Arme zu greifen. Es passiert also genau das Gegenteil von dem, was man erwarten würde.“ Und dann verrät Nora Schumacher schmunzelnd eine Beobachtung aus dem Probenalltag: Die Jungen und Alten verhielten sich hier ähnlich wie die Figuren im Stück „Wi sünd de Ne’en“. „Die Älteren sind ständig am Quatschen und die Jungen mahnen: Können wir weitermachen?“ Birte Kretschmer, Konstantin Graudus und Ole Schlosshauer sind es, die in der plattdeutschen Erstaufführung im
das lebenslustige und hilfsbereite Senioren-Trio bilden.
2014 war Ralf Westhoffs Film „Wir sind die Neuen“ ein Kino-Erfolg. Die Zeit ist seitdem unruhiger und schwieriger geworden. Umso mehr Verständnis hat die Regisseurin für die gestresste junge Generation. „Was gerade los ist auf der Welt – dafür muss man starke Nerven haben“, meint sie. „Das ist nicht Thema des Stücks, aber ich finde, es erklärt ganz gut, warum diese jungen Menschen so labil sind und es den Älteren mit ihrer Lebenserfahrung gelingt, die Ruhe zu bewahren und ihnen aus der Krise heraus zu helfen. Was wiederum ihrem eigenen Leben neuen Sinn gibt. Die Geschichte ist wirklich hinreißend und geht zu Herzen, und das mit ganz viel Witz.“
Humor, Herz und Wärme – das sind auch wichtige Kriterien bei der Zusammenstellung des Spielplans im Ohnsorg Theater. Nora Schumacher ist seit 2024 Künstlerische Leiterin des Theaters, zusammen mit Anke Kell. An erster Stelle steht aber natürlich die plattdeutsche Sprache. „Wir suchen immer nach Stücken, die wir glaubhaft in den norddeutschen Raum versetzen können. Plattdeutsch ist ja unsere Primärsprache auf der Bühne.“
Mit hochdeutschen Anteilen und hochdeutschen Titel-Ergänzungen versucht man inzwischen, eine Brücke zu bauen für Zuschauer, die kein Platt verstehen. „Hochdeutsche Sprachinseln innerhalb der Stücke helfen, wieder hineinzukommen, wenn man nicht alles verstanden hat“, sagt Nora Schumacher. „Wir müssen uns öffnen, damit die Sprache überlebt. Dafür würde ich mir manchmal etwas mehr Verständnis von der plattdeutschen Community wünschen, weil wir das eben für die plattdeutsche Sprache machen und nicht dagegen.“
Sie selbst hat Platt erst am Ohnsorg Theater gelernt. Hier hatte sie 2007 als junge Regieassistentin angefangen, hat dann an verschiedenen Hamburger Theatern gearbeitet und auch selbst inszeniert. Zum Ende dieser Spielzeit führt sie ihre nächste Regie am Ohnsorg Theater mit der schwarzen Komödie „Veer Lüüd in’n Nevel“. „Zu inszenieren macht mich wirklich glücklich“, erklärt sie. „Was nicht heißt, dass jeder Probentag Spaß macht. Da gibt es diese tiefen Tiefs und die phantastischen Hochs. Aber beides gehört dazu.“
Diesmal kommt für Nora Schumacher außerdem noch hinzu, dass nicht nur eine bezaubernde Geschichte erzählt wird, sondern auch eine Botschaft mitschwingt. „Dass man aufeinander zugeht, obwohl man zuerst meint, es würde einen nichts verbinden. Dass man Unterstützung anbietet beziehungsweise um Hilfe bittet und schwere Zeiten gemeinsam durchsteht. Davon haben alle Beteiligten etwas. Und das ist niemals aus der Zeit.“
Interview: Brigitte Ehrich
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