Die aktuellen Premieren der Hamburger Theater

Christoph Marti (mitte) als
Christoph Marti (mitte) als "Miss Merkel" und Tobias Bonn (links) als Ehemann Joachim © Franziska Strauss

Die Neuproduktionen im November:

 

KOMÖDIE WINTERHUDE

MISS MERKEL – MORD IN DER UCKERMARK

Was macht die ehemalige Bundeskanzlerin im Ruhestand? Bestsellerautor David Safier hatte da eine Idee: Daheim in der Uckermark entdeckt sie ihren kriminalistischen Spürsinn und geht als Miss Merkel auf Verbrecherjagd. Auf RTL wurden Safiers Krimis zur Fernsehserie mit Katharina Thalbach. Theaterchef und Regisseur Martin Woelffer bringt Miss Merkel nun auch auf die Bühne und hat sich für die Bearbeitung und Umsetzung ein besonderes Team mit ins Boot geholt: die komödiantisch schräg aufgelegten Musikkabarettisten der schweizerisch-deutschen Gruppe „Geschwister Pfister“. Christoph Marti spielt Miss Merkel, Tobias Bonn deren Ehemann.

Mit dem „Mord in der Uckermark“ fing alles an. Freiherr Philip von Baugenwitz wird in einem verschlossenen Verlies tot aufgefunden. Selbstmord, stellt der eher faule Kommissar Hannemann fest. Miss Merkel, gelangweilt vom alltäglichen Backen und Wandern, glaubt nicht daran, kramt eines ihrer alten Outfits hervor („Die müssen aufgetragen werden“) und beschließt, selbst zu ermitteln, unterstützt von Ehemann Joachim und Bodyguard Mike. Im September war die Uraufführung im Theater am Kurfürstendamm in Berlin, im November folgt die Komödie Winterhude.

 

SCHAUSPIELHAUS

DAS GROSSE HEFT


Zwei Kinder in Kriegszeiten – aktueller könnte das Thema kaum sein. Die ungarische Schriftstellerin Ágota Kristóf stellte sie schon 1986 in den Mittelpunkt einer Roman-Trilogie. Der preisgekrönte und verfilmte erste Teil „Das große Heft“ liegt der Inszenierung von Karin Henkel am Schauspielhaus zugrunde. In der Stadt fallen die Bomben. Deshalb bringt eine Mutter zwei Zwillingsbrüder zur Großmutter aufs Land. Dort werden sie aber nicht etwa liebevoll empfangen, sondern  gezwungen, selbst für sich zu sorgen. Die Großmutter nennt sie „Hundesöhne“. Sie lernen zu betteln, zu stehlen, zu töten, härten sich selber durch Gewalt gegenseitig ab und werden zu erbarmungslosen jungen Erwachsenen. Ihre Erlebnisse und Erfahrungen halten sie in einem großen Heft fest. In ihrer Kindheit gibt es nichts Idyllisches.

Ergreifend und ungeschönt entwickelt die 2011 verstorbene Autorin ihre bedrückende Geschichte. Nils Kahnwald und Kristof Van Boven spielen im Schauspielhaus die beiden Brüder. 

 

THALIA THEATER

GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN


Es war ein Skandalerfolg im Frankreich des 18. Jahrhunderts: Der Briefroman „Gefährliche Liebschaften“ von Choderlos de Laclos aus dem Jahr 1782 gilt heute als Klassiker der Weltliteratur. Christopher Hampton machte 1985 ein Theaterstück daraus, 1988 folgte der Oscar-prämierte Film mit Glenn Close und John Malkovich. Im Thalia Theater setzt Regisseur Sebastian Hartmann das Sittengemälde von damals in Bezug zu den Liebeleien in unserem Jahrhundert. Marquise de Merteuil will sich rächen und verführt ihren einstigen Geliebten Vicomte de Valmont zu einem frivolen Ränkespiel um die Verführung einer unschuldigen jungen Frau. Valmont will noch dazu die tugendhafte Madame de Tourvel für sich gewinnen. Daraus entspinnt sich ein Netz aus Intrigen, dem niemand mehr entkommen kann, zumal sich auch noch echte Gefühle dazwischendrängen. Es geht um Macht, Manipulation und Moral in der Liebe – eine Konstellation, die absolut zeitlos ist. 

 

ERNST DEUTSCH THEATER

EIN SELTSAMES PAAR


Neil Simons Film-Komödie mit Walter Matthau und Jack Lemmon als „Ein seltsames Paar“ war 1968 ein Riesenerfolg und ist längst ein Kino-Klassiker. Im Film, Fernsehen und auf der Bühne gab es unzählige Nachfolger, 1998 sogar eine Fortsetzung in der Originalbesetzung. In Deutschland brillierten Harald Juhnke und Eddi Arent 1991 in den prachtvollen Paraderollen von Felix und Oscar. Im Ernst Deutsch Theater finden jetzt Ulrich Bähnk und Harald Weiler zu dieser seltsamen Wohngemeinschaft zusammen, nachdem

Felix mit einem Selbstmordversuch gescheitert ist. Oscar nimmt ihn auf – und das Debakel beginnt. Denn Hypochonder Felix nervt mit seinem Ordnungsfimmel, während Oscar sein gemütliches Chaos liebt. Immerhin kann Oscar seinen Kumpel zu einem Rendezvous zu viert mit zwei Schwestern überreden. Doch als es endlich zu einem gemeinsamen Abend kommt, überwältigt Felix plötzlich wieder

einmal ein Stimmungstief und er bricht in Tränen aus. Die Schwestern sind gerührt und fühlen mit ihm, was Oscar glatt die Show stiehlt. Jetzt reicht es ihm! 

 

HAMBURGER KAMMERSPIELE

DER TATORTREINIGER

 

Sein Job beginnt, wenn die Spurensicherung der Polizei ihre Arbeit beendet hat. Dann kommt Heiko Schotte. Als Schotty, „Der Tatortreiniger“, machte Bjarne Mädel die Comedy-Serie des NDR-Fernsehens zum Kult. 31 Folgen gab es bis 2018, dann meinte Autorin Mizzi Meyer alias Ingrid Lausund, nun sei es genug. Im Theater jedoch darf Schotty weiter putzen, die Spuren der Verbrechen beseitigen und dabei komödiantisch-philosophische Gespräche mit den Hinterbliebenen führen.

Die Kammerspiele zeigen vier Episoden in ganz unterschiedlichen Inszenierungen. In „Spuren“ gab es eine merkwürdige Explosion, bei der die Tante eines Schriftstellers ums Leben kam, worauf dieser von einer Schreibblockade befallen wird. Schotty versucht, ihm darüber hinweg zu helfen. In „Currywurst“ geht es um einen verkannten Maler und den Wert eines Kunstwerks. Und „Özgür“ soll das Kind der hochschwangeren Silke heißen, die der Tatortreiniger in einer Pension antrifft. Muss er womöglich Geburtshilfe leisten? Zuletzt begegnet er in einer Behörde zwei verirrten Bestattern, während er über die kafkaesken Züge der Beamtenwelt sinniert.

 

ALTONAER THEATER

ACHTSAM MORDEN DURCH BEWUSSTE ERNÄHRUNG

Wie wichtig Achtsamkeit ist, hat Björn Diemel bereits in mehreren Phasen seines Lebens erfahren, besonders in höchst krimineller Hinsicht. Im fünften Band der überaus erfolgreichen Romanreihe von Karsten Dusse besinnt sich der bestens therapierte Anwalt auf die Vorzüge einer gesunden Ernährung. Dazu braucht er keinen Ernährungs-Doc, sondern nur einen atemlosen Sprint, um die Entführung seiner Tochter zu verhindern, was beinahe schief geht. Er hat zwar in vielen Beratungsstunden seine Mitte gefunden, die Mitte seines Körpers ist dabei jedoch etwas aus den Fugen geraten. Also nimmt Diemel erneut die Hilfe seines Therapeuten in Anspruch, was ihn – wie gewohnt – nicht vor mörderischen Konflikten bewahrt.

Mit „Achtsam morden durch gesunde Ernährung“ setzt Altonas Intendant Axel Schneider die Reihe seiner beliebten gewitzt ironischen Bühnenbearbeitungen von Dusses Romanen fort – in der bewährten Besetzung mit Georg Münzel, Dirk Hoener und Chantal Hallfeldt. 

 

THE ENGLISH THEATRE

GASLIGHT

Auf das Theaterstück „Gaslight“ von Patrick Hamilton, das 1938 in London uraufgeführt und durch den Film „Das Haus der Lady Alquist“ von 1943 mit Ingrid Bergmann und Charles Boyer verfilmt wurde, geht sogar ein allgemein gebräuchlicher Begriff zurück: Gaslighting bezeichnet eine Form der psychischen Manipulation, die das Opfer durch Verunsicherung bis in den Zusammenbruch treibt. So ergeht es der jungen Bella Mallen, die mit ihrem frisch angetrauten Ehemann Paul in ein altes Londoner Wohnhaus gezogen ist. Sie hört mysteriöse Geräusche und abends, wenn ihr Mann nicht da ist, flackert das Gaslicht. Sie ist am Ende mit den Nerven. Was sie nicht weiß, ist, dass in ihrem Haus eine alte Dame ermordet wurde, deren Juwelen seither verschwunden sind. Ein Kommissar taucht bei ihr auf und enthüllt, dass ihr Ehemann ein fieses Spiel treibt.

Die Zeiten des Gaslichts sind längst vorbei, doch der Psychothrill dieses Klassikers sorgt noch immer für Gänsehaut. Im English Theatre führt Paul Glaser, der künstlerische Leiter des Theaters, die Regie. 

 

STAATSOPER HAMBURG

RUSLAN UND LJUDMILA

 Eine Zauberoper aus dem Zarenreich: 1842 schrieb der russische Komponist Michail Glinka (1804 – 1857) sein märchenhaftes Werk „Ruslan und Ljudmila“ nach einem Gedicht von Alexander Puschkin. Drei erfolgreiche Krieger wetteifern um die Fürstentochter Ljudmila, die sich zu Ruslan hingezogen fühlt. Um sie zu gewinnen, zieht er in den Kampf gegen einen mächtigen Zwerg, der Ljudmila entführt hat. Während er sich auf seinem Weg vielen Gefahren stellen muss, kommt sie zu der Erkenntnis, dass sie und ihre Liebe als Belohnung für das Heldentum missbraucht werden – was sie um keinen Preis will.

In der Staatsoper inszenieren die beiden ungarischen Regisseurinnen Alexandra Szemerédy und Magdolna Parditka die Oper mit einem Blick hinter die Fassade der Sagenwelt, auf die Sehnsüchte der Menschen unter eingeschränkten Lebensbedingungen, die von einem despotischen Herrscher bestimmt werden. Die Ljudmila wird von der usbekischen Sopranistin Barno Ismatullaeva gesungen. Als Ruslan ist der junge russische Bass Ilja Kazakov dabei, der seit dieser Spielzeit zum Ensemble der Staatsoper gehört.

 

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