Franz Lehárs Klassiker: Die lustige Witwe © Patrick Sobottka
Franz Lehárs Klassiker: Die lustige Witwe © Patrick Sobottka

"Die lustige Witwe" im Allee Theater

Das Operetten-Juwel von Franz Lehár wurde vor 120 Jahren in Wien 
uraufgeführt. Ettore Prandi, der Musikalische Leiter des Allee Theaters,
 und der Hamburger Regisseur Lars Wernecke bringen es in einer 
neuen Bearbeitung in der Kammeroper heraus.

 

Es ist eine der erfolgreichsten
 Operetten überhaupt. Gleich 
nach der Uraufführung trat
 „Die lustige Witwe“ einen beispiellosen
 Siegeszug an und wurde in der
 ganzen Welt gespielt. Im Allee Theater
 wird sie nach 2018 nun zum zweiten
 Mal gezeigt – damals wie heute in der
 musikalischen Bearbeitung von Ettore
 Prandi, dem Musikalischen Leiter der 
Kammeroper. Eine Wiederholung soll
 es jedoch nicht werden, sondern eine 
ganz neue Produktion. „Wir haben
 ein neues Ensemble und einen neuen
 Regisseur und deshalb auch eine neue 
Bearbeitung“, sagt Prandi. Statt Flöte,
 Klarinette und Streichertrio gibt es 
diesmal ein Quintett mit Oboe, Fagott,
 Geige, Bratsche und Kontrabass. „Vorher
 war es im Klang homogener, diesmal
 wird es viel reichhaltiger.“ Es ist 
jedes Mal eine große Herausforderung 
für den Musikalischen Leiter, eine große 
Oper oder eine opulente Operette
 wie „Die lustige Witwe“ für die kleine 
Bühne des Allee Theaters aufzubereiten.
 Von „reduzieren“ möchte er dabei 
nicht sprechen. „Das klingt so nach
 verzichten und dann ist die Verlustquote 
enorm.“ Prandi konzipiert die
 Werke lieber neu. „Die Melodie, die 
Bässe, die Harmonie gibt es natürlich
 schon, aber es ist kreativer zu fragen,
 wie würden wir eine Kammeroper neu
 schreiben, wie würden wir sie neu
 instrumentieren?“ Natürlich immer im Sinne des Komponisten.

 

Lehárs Operette lebt durch die vielen
 bekannten Melodien, die fast jeder
 mitsingen kann, wie „Lippen schweigen…“,
 „Da geh‘ ich zu Maxim“ oder
 das Vilja-Lied. „Dass ein Werk über
 Generationen hinweg immer wieder
 fasziniert, das muss ja einen Grund
haben. Es ist natürlich vor allem die
 wunderbare Musik, die beim ersten
 Hören gleich ins Herz geht“, meint
 denn auch der Regisseur Lars Wernecke,
 der zum ersten Mal am Allee Theater 
inszeniert. Faszinierend ist für 
ihn aber auch das Libretto, das etwas 
Romantisches, aber auch etwas politisch
 Kabarettistisches hat.
 

 

Es geht schließlich um Liebe, aber
 auch um Geld und einen drohenden
 Staatsbankrott. Um sein Heimatland 
zu retten, soll Graf Danilo mit der 
reichen Witwe Hanna verkuppelt werden.
 Doch der erkennt in Hanna seine
 Jugendliebe, die er einst aus Staatsraison
 nicht heiraten durfte, und weigert
 sich nun, um nicht in den Verdacht
 zu geraten, nur hinter ihrem Vermögen her zu sein. „Wir erzählen das in 
heutiger Zeit. Was berührt uns heute 
noch an der Geschichte?“, fragt der 
Regisseur. Und erklärt: „Es gibt zwar
 Elemente mit Kostümen und Bühnenbild, 
die an den Anfang des 20. Jahrhunderts 
erinnern, aber die Intrigen 
um Liebe und Geld sind uns gar nicht 
so fern.“

 

Wernecke, auch Intendant der Frankenfestspiele
 Röttingen, und Ettore
 Prandi kennen sich schon aus einer 
gemeinsamen Zeit am Theater in Meiningen.
 Die gute Zusammenarbeit ist 
Prandi wichtig, der respektvolle Umgang
 mit der Regie und den Sängerinnen
 und Sängern bzw. den Figuren 
auf der Bühne, in diesem Fall die Lettin
 Anete Liepina als Hanna und Titus
 Witt als Danilo. „Da kann man nicht 
einfach sagen: Ich mach meine Musik
 und ihr macht, was ihr wollt.“ Für den 
nicht immer ganz ernst zu nehmenden 
Inhalt der Operette zeigt der Musiker
 zumindest Verständnis: „Auch
 bei der Uraufführung 1905 zeigten
 die Sänger eine ironische, fast sarkastische
 Distanz zur Geschichte.“ Und
 heute, so meint er, haben wir mehr
 mit dem Geist der Operette zu tun, als 
wir zugeben wollen. „Es war die Zeit 
vor dem Ersten Weltkrieg, Europa und 
das schöne Wien waren am Ende, die
 Menschen geprägt von Ängsten und
 Verzweiflung. Da war man eher in
 der Stimmung: Es gibt nichts mehr 
anzustreben, also lass uns etwas Spaß 
haben, einen Walzer drehen – und die
 Musik ist schön.“

 

Seit zehn Jahren gehört der gebürtige 
Mailänder Prandi zum Allee
 Theater und hat hier rund 30 Opern und Operetten musikalisch umgesetzt. Gibt es für ihn auch Grenzen, Werke,
 die die Möglichkeiten der Kammeroper
 sprengen würden? „Wagner kann 
ich mir persönlich nicht vorstellen.
 Den Klang kann man nicht mit sechs
 Musikern nachvollziehen. Da müssen
 viele Geigen sein und Blecheinsätze.
 Sonst wäre es, als wenn man versucht,
 einen Braten in 15 Minuten zu machen.
 Der muss einfach drei Stunden
 schmoren.“

 

Interview: Brigitte Ehrich

 

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