Knebl & Scheirl © Fabrice Gousset, Galerie Loevenbruck
Knebl & Scheirl © Fabrice Gousset, Galerie Loevenbruck

„Passage“:
Sinnliche Installationen

Das Künstlerpaar Knebl/Scheirl erschafft verführerische Welten

 

Dali hätte seine helle Freude gehabt, auch André Heller dürfte die Inszenierung von Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl in der Sammlung Falckenberg, der Harburger Dependance der Deichtorhallen, gefallen. Schließlich wirkt das Gesamtkunstwerk „Passage“ des Wiener Künstlerduos mitunter, als sei es dem legendären Kunst- und Vergnügungspark Luna Luna ihres Landsmannes entsprungen.

 

Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Dieser Buchtitel könnte auch zur Ausstellung von Ashley Hans Scheirl (*1956) und Jakob Lena Knebl (*1970) passen. Das exzentrische Künstler-Paar, das 2022 den österreichischen Pavillon in Venedig bespielte, liebt Metamorphosen, Verkleidungen, Rollenspiele, das wird schon auf den ersten Blick klar. Bei ihnen ist alles „trans“, und selbstverständlich wollen auch sie selbst als multiple Charaktere wahrgenommen werden, wie ihre Namen schon verraten. Die Harburger
Phoenix-Halle, die seit 2001 die Sammlung Falckenberg beherbergt, haben sie in einen schillernden

und sinnlichen Ort verwandelt, der an morbid-barockem Pomp, erotischen Fantasien und schwarzem Humor kaum zu toppen ist. Schon der petrolfarbige Anstrich des sonst so nüchtern wirkenden ehemali-
gen Fabrikgebäudes ist spektakulär und ein deutlicher Hinweis darauf, dass man hier eine surreale Welt betritt, in der
sich jede Frau, jeder Mann in das verwandeln kann, was sie oder er sich wünscht: In Sphinx oder Diva, Cyborg oder
Cerberus, Macho oder Lollypop. Dabei zeichnet Scheirl für die Malerei verantwortlich, und Knebl für die figurativen
weichen Stoffskulpturen, mit denen sie die Beziehung zwischen Körper und Möbel hinterfragt und die dazu einladen,
sich einfach hineinfallen zu lassen und ödipale Phasen noch einmal auszuleben.

 

Über zwei Etagen präsentieren die beiden ihren Mix aus Design und Kunst, aus Fotografie, Malerei, Skulptur und Video.
Sie gruppieren die Versatzstücke zu „Begehrensräumen“ – zu ausladenden, szenisch gestalteten Installationen voller
fragmentarischer Körperbilder und Skulpturen, die auf berühmte Vorbilder anspielen: DaDa, Surrealismus, Opart, Popart.
Immer wieder sind Referenzen an Hans Arp, Salvador Dali, Victor Vasarely, Hans Bellmer oder Luigi Colani auszumachen.
Überall organische, weiche, fließende Formen (sogar zwei veritable Springbrunnen in Colani-Badelementen der 70er Jahre),
die sich doppeln oder miteinander verschmelzen, wie die zwei Körper in der weißen Kunststoff -Skulptur „Magda & Lena“,
eine Hommage an die biblische Büßerin Maria Magdalena.

 

Diese Figur ist mal kein Abbild von Jakob Lena oder Ashley Hans – und gehört damit zu den wenigen Ausnahmen in dem
Kunstkosmos von Knebl & Scheirl, der sich fast ausschließlich um die beiden Protagonisten selbst dreht: Um die Frage nach
ihrer Identität, ihrer Körperlichkeit, ihren Obsessionen, ihrer Triebhaftigkeit. Kurz gesagt: Jakob Lena und Ashley Hans frönen
der ungehemmten Selbstbespiegelung – und das ohne die geringsten Hemmungen vor Exhibitionismus und Kitsch, wie bei
den Bodypaintings auf Jakob Lenas üppigem Leib deutlich wird. Der intellektuelle Überbau ihrer Werke ist aber immens: Ob
Religion, Philosophie, Psychologie, Politik oder Konsumkritik; ob Feminismus, Diversität, Genderdebatten, Rollenspiele oder
Familientherapie - es scheint nichts zu geben, was die beiden nicht anhand ihres Selbst verhandeln und damit auch für den
Betrachter interessant machen. Romane und theoretische Schriften sind ebenfalls Inspirationsgeber. So soll sich der Aus-
stellungstitel „Passage“ auf das fragmentarisch gebliebene „Passagen-Werk“ von Walter Benjamin beziehen. Doch keine
Sorge, man muss es nicht gelesen haben, um in diese sehr weiblich geprägte Kunstwelt eintauchen zu können.

Isabelle Hofmann

 

Jakob Lena Knebl & Ashley Hans Scheirl, „Passage“, bis 15. September 2024, Sammlung Falckenberg in den Phoenix-Fabrikhallen,
Wilstorfer Str. 71, Tor 2, 21073 Hamburg-Harburg.
Geöffnet jeden 1. So im Monat 12-17 Uhr.
Führungen können jeden Fr. um 15 und 17 Uhr, sowie jeden Sa und So um 12, 15 und 17 Uhr gebucht werden (begrenzte
Teilnehmerzahl). Weitere Informationen auf www.sammlung-falckenberg.de.

Verwendung von Cookies

Zur Bereitstellung des Internetangebots verwenden wir Cookies. Bitte legen Sie fest, welche Cookies Sie zulassen möchten.

Diese Cookies sind für das Ausführen der spezifischen Funktionen der Webseite notwendig und können nicht abgewählt werden. Diese Cookies dienen nicht zum Tracking.

Funktionale Cookies dienen dazu, Ihnen externe Inhalte anzuzeigen.

Diese Cookies helfen uns zu verstehen wie unsere Webseite genutzt wird. Dadurch können wir unsere Leistung für Sie verbessern. Zudem werden externe Anwendungen (z.B. Google Maps) mit Ihrem Standort zur einfachen Navigation beliefert.